Dann wollten wir in Stone eigentlich gebratene Spinnen kosten. Also eigentlich ich, Annett hat gleich gestreikt. Aber bei
unserem Stopp in Kampong Thom habe ich schon welche gesehen und irgendwie bin ich noch nicht so weit gewesen, es zu
versuchen. Ja ich weiß – Weichei, aber ihr hättet die mal sehen sollen, brrrrrh.
Dann haben wir mal eben eine 1000 Jahre alte Brücke besichtigt, die
da so in einem Dorf rumstand. Zur Erinnerung, wie sah es da in
Dresden aus!
Na ja und ansonsten hatten wir 6 Stunden Zeit, uns das Land
anzusehen. Immer grün, immer voller Geschäftigkeit. Die Häuser
erst immer ärmer werdend, je weiter wir von Siem Reap wegkamen
und dann wieder besser (aber dennoch arm), als wir uns Phnom
Penh näherten.
Ich hab 1000 Fotos gemacht, muss aber erst mal sehen, was
geworden ist, da unser Fahrer auch für hiesige Verhältnisse gefahren
ist wie die Sau. Wir sind 4x überholt worden, haben aber selber zig
Autos, Tuk Tuks , Busse, und LKW`s überholt in der 2., 3. oder 4. Reihe,
egal ob Gegenverkehr war oder nicht. Wir sind mit 80 durch
Schlaglöcher gebrettert, das dem Autofahrer in mir die Tränen
kamen und Phantasie-Tag-Alpträume, wie sich ein Platter so machen
würde. Aber angekommen sind wir problemlos, also alles bloß
europäisches Gebibber.
Interessanterweise war die Straße eigentlich immer gut - also
Straßenränder als solche gibt es natürlich nicht, und Schlaglöcher
werden hier entweder gelassen oder so aufgefüllt, das die
Betonmasse bis zu 30cm übersteht, was so nette Geräusche beim
Drüberhoppeln gibt. Nur die letzten 50km vor der Hauptstadt waren
groddig, da wurde ununterbrochen gebaut. Das stellt ihr euch bitte
so vor: Entweder wurde eine Straßenhälfte einer normalen Straße
gesperrt und mit einer frischen Schicht Splitt behäufelt. Damit nicht
trotzdem alle drüber fahren, weil die verbleibende Straßenhälfte
irgendwie eng wurde für beide Spuren (und die Straßen waren voller
Autos), wurden Äste aufs frisch Verteilte gelegt. Natürlich fuhren trotzdem alle auch auf der Seite, umschifften aber elegant
die Äste. Oder, da wo die Straße verbreitert wurde, wurde erst mal ordentlich Oberfläche abgetragen, teils bis direkt an die
Eingänge der Hütten ran, die ja da entlang der Straße standen, dann wurde planiert, es staubte, das man stellenweise keine
20 Meter kucken konnte; trotzdem wohnen die Leute da am Straßenrand, arbeiten, essen, hängen Wäsche auf, breiten Reis
auf Planen zum Trocknen aus – als wenn es den Dreck nicht gäbe und natürlich fahren die Autos auch auf den Flächen, die
bearbeitet werden, solange nicht gerade gebaggert oder planiert wird. Das kann man gar nicht richtig in Worte fassen, das
muss man gesehen haben.
Montag, 17.12
Erster Arbeitstag in der Klinik. Gearbeitet von 8 bis Mittag. Paar Extraktionen, sonst
Füllungen. Die Patienten waren Kinder zwischen 5 und 16 Jahren. Alles Kinder ohne
Eltern, die Heimen betreut werden, allerdings nicht immer Waisen. Ängstlich, lieb,
schüchtern. Die Einrichtung betreut wohl um die 30 Heime. Außer mir arbeitet noch
eine Dänin und eine Australierin hier. Die Schwester, die mir zusammen mit Annett
assistierte – Anni, war sehr kompetent. Die Geräte sind in keinem guten Zustand.
Das sie überhaupt funktionieren, ist erstaunlich. Das Wasser ist immer mal da, mal
nicht. Die Bohrer sind teilweise völlig abgelutscht und die Anzahl sehr begrenzt.
Alles mögliche exotische Zeug, das kein Mensch braucht, wenig vernünftige Formen.
Material ist alles Mögliche vorhanden, wieviel, kann ich noch nicht beurteilen. Im
Wartezimmer läuft Tom und Jerry – wie zu Hause. Warm ist es ganz schön, da nur
ein Klimagerät arbeitet und ein paar Lüfter laufen. Aber es geht.
Nachmittag sind wir, wie erwähnt, umgesiedelt. Also hab ich jetzt
immer eine halbe Stunde Fahrt. Aber dafür werden wir entschädigt
durch einen herrlichen Pool, einen netten Bungalow, viel tropisches
Grün und ein nettes Team im Hotel. Die Eigentümerfamilie in dem
letzten Hotel war so was von maulfaul und zu fein, mal zu lächeln.
Auch beim Gepäck schleppen haben sie lieber zugekuckt als angefasst.
Und der kleine Sohn (ca.8-9 Jahre) der Familie – der Prinz, hat die
ganze Zeit die Angestellten vollgemault und rumkommandiert. Er
schrie förmlich nach Arsch voll.
Jetzt sind wir noch mal die Straße rauf und runter gelaufen. Also ein
Stück, die ganze Straße zieht sich viele km lang hin mit Hütten und Läden in fast jeder Hütte. Wir haben bissel Früchte gekauft
und Bier und ne Flasche Wein. Letzterer ist mit ab 9 Dollar aufwärts recht teuer, kleine Bierbüchse 50 Cent geht noch. Dann
haben wir endlich einheimische Währung getauscht. Für 60 Dollar gab es immerhin 237600 Riel. Klingt doch gut. Jetzt werde
ich noch mal in den Pool springen und einen mäßig anstrengenden Tag in einem der ärmsten Länder der Welt, im Rahmen
eines sozialen Hilfseinsatzes ausklingen lassen. Klingt irgendwie dekadent. Ach ja und für alle zu Dicken: Wir haben heut früh
einen Kaffee getrunken, dann nachmittags 5 Kekse und auch wenn ich mich auf ein leckeres asiatisches Essen freue, Hunger
hab ich eigentlich keinen. Die Wärme macht es möglich. Wenn das Bier nicht wär, könnte man hier richtig schön abnehmen.
18.12.12 Dienstag
Nach einem gestrigen idyllischen Abend bei drehender
Weihnachtspyramide, Räuchermännchen im Wechsel mit indischen
Räucherstäbchen von der Lieblingsphysiotherapeutin , Wisky, Bier
und Wasser --- jetzt ist es gerade genauso, nur statt Wasser Tonic
und Cola light und Melone -- sind wir heut gut ausgeschlafen (was
kein Wunder ist, wenn man 22 Uhr schon im Bett liegt und erst 7 Uhr
wieder aufstehen darf) Richtung Klinik aufgebrochen. Der Tuk Tuk
Fahrer, der uns abholen sollte, war natürlich nicht da, aber an der
Straße haben wir nach 4 Minuten einen erwischt.
Motos (Taximopeds) hätten wir noch schneller haben können, aber da kann ich
irgendwie nicht so richtig ran. Halbe Stunde und wir waren in der Klinik, nicht ohne
bestimmt 1000 Mopeds gesehen zu haben. Gearbeitet wurde bis 10.45, dann waren
die Patienten alle. Hätte mich sonst geärgert, heut aber nicht, weil nach reichlich
einer Stunde Pause –spazieren gehen, Staub und Abgase inhalieren, einem Kaffee
und einer Portion Frosch!! - Ja ich habe Frösche gegessen – ging es dann quer durch
die Stadt zur French School, einer Primary School, 1.-8. Klasse, alles Mädchen, sehr
sauber – wo wir dann bis kurz vor 5 kleine Mädchen ärgerten.
Hier ist die Ausstattung deutlich neuer, nur das Bohrerproblem ist das Gleiche. Der
Heimweg dauerte wieder eine Stunde. Irgendwie habe ich jeden Tag das Gefühl, der
Verkehr ist noch chaotischer als vorher und schlimmer kann es nicht werden, aber
man staunt, dass es doch geht. Umso schöner war das Bad im Pool, das natürlich
wieder asiatische Abendessen – wir essen hier die Karte systematisch runter, ich
habe oben angefangen und Annett unten.
Nu werma ma gucken, ob wir das die nächsten Tage immer so machen, damit wir
auf die Stunden kommen, die wir hier gearbeitet haben wollen. Gestern hatte ich ja
den ersten Teil meiner ca.250-300 Stück Plüschtiersammlung mit in die Klinik
genommen und der Direktorin gesagt, dass wir die nach der Behandlung an die
Kinder verteilen könnten. Heut habe ich es mit den beiden anderen ausländischen
Kolleginnen besprochen, weil von der Chefin keine Resonanz kam.
Mittwoch, 19.12.12
Heut sind wir sicherheitshalber schon um 7 los, waren dann aber auch schon halb
acht an der Klinik. Also noch Käffchen, bisschen mit den Anderen quatschen und
8 Uhr waren wir einsatzbereit. Nur die Kinder fehlten. Die kamen dann halb 9. 15
Stück, also Arbeit für reichlich eine Stunde. Also fragte ich gegen viertel 10 die Chefin,
ob denn noch mehr Kinder kämen. Sie erklärte mir ausführlich, dass wir mehrere
Kindereinrichtungen betreuen, aber nur eine heute Kinder schicken könne. Also hab
ich nachgefragt, ob diese denn dann nicht noch weitere schicken würde. Sie
telefonierte, kam dann zu mir und erklärte, die Schule hätte nur einen Lehrer frei,
der mit den Kindern kommen könne und der wäre ja schon da. Also schlug ich ihr
vor, die Kinder könnten ja bei uns bleiben, da sie eh noch nicht alle behandelt waren
und der Lehrer könne ja neue holen gehen. Darauf diskutierte sie mit dem Lehrer,
der dann auch lostrottete und neue holte. Die reichten dann bis gegen halb 12.
Dann war endgültig Mittagspause. Da mir die stumpfen Bohrer heute endgültig auf
den Geist gingen, wackelte ich dann los zum Russian Market. Da sollte es einen Shop
für medizinische Artikel geben. Gefunden hab ich ihn nicht, aber schön braun bin
ich in den anderthalb Stunden geworden. Die Straßen sind so voller Geschäftigkeit,
ich hab mich auch nur ganz wenig verlaufen, schließlich hatte ich heute einen
Stadtplan dabei. Die 5-6 Versuche, Kambodschaner nach dem Weg auf der Karte zu
fragen, waren durchweg sinnlos, weil kein Englisch oder noch nie eine Stadtkarte
gesehen. Pünktlich halb 1 war ich wieder an der Klinik, stieg nun doch erstmals ganz
tapfer auf das Moped von Ani und fuhr mit ihr zur French School. Dort arbeitete ich
dann recht effektiv bis 16.15. Da ich mich jetzt schon ganz gut in Phnom Penh
auskenne, konnte ich ihr erklären, wo sie mich rück zu absetzen soll, damit ich nicht
wieder durch die ganze Innenstadt musste, um zum Hotel zu kommen. Dort nahm
ich mir gleich noch ein Moto und fuhr durch idyllische Stadtrandlandschaften zum
Hotel. So war ich heut schon kurz vor Sonnenuntergang zu Hause. Mit dem
Motofahrer hatte ich erst eine Weile gehandelt, bis wir uns auf 3 Dollar geeinigt hatten. Am Hotel rechnete ich kurz um und
gab ihm dann seine (3 Dollar mal 4000 gleich 1200 Riel). Er diskutierte ganz verzweifelt – auf kambodschanisch - mit mir
herum. Ich begriff nicht, was er von mir wollte. 3x4 ist doch 12. Endlich fiel mir auf, das ich eine 0 vergessen hatte. 1200 Riel
sind nun mal nur 30 Cent. Das war doch etwas geizig. Dann das Übliche: Pool, Bierchen, asiatisches Abendbrot. Anschließend
heut mal Wein, netter Plausch mit dem Koch. Ein Elsässer, der vor Jahren Europa den Rücken gekehrt hat.
Er kannte sich hier gut aus und hat uns viele interessante Sachen erzählt. Das
Beerdigungen 2-3 Tage dauern, dass es hier auch in der Regenzeit sehr schön ist,
weil es fast immer nur von 16 – 18 Uhr regnet, dass auch in Kambodscha die
Motofahrer theoretisch eine Fahrerlaubnis brauchen, was bei den 13, 14 jährigen
Knöppen, die hier teilweise rumfahren, eben theoretisch ist, dass die Stadt regelrecht
wirtschaftlich explodiert, dass die meisten Zahnärzte, die hier Praxen haben – ich
schrieb wohl schon, dass es Zahnarztpraxen wie Sand am Meer hier gibt – grad mal
so sehr Zahnärzte wären wir er, dass es in Kambodscha viele Arme gibt und aber
auch seeeehr Reiche, vorzugsweise Armeeangehörige. Deshalb auch die riesigen
Villen, die mitten zwischen einfachen Häuschen stehen – und gar nicht so selten.
Reich schottet sich nicht ab, sondern will gesehen werden. Na und nun ist es wie jeden Abend. Heute aber mal mit Rotwein
statt Bier.
Ein interessantes Gespräch hatte ich heut mit der dänischen Kollegin. Die ist gar
keine Zahnärztin, sondern Zahnarzthelferin mit 28 Jahren Berufserfahrung. Sie kam
hierher, weil sie dachte, hier Prophylaxe zu machen. Aber ihr wurde gesagt, sie solle
doch einfach auch behandeln, also macht sie jetzt fleißig Füllungen und hat auch
schon einen Zahn gezogen. Wenn man aber weiß, dass die Therapists, die hier
arbeiten, das auch tun und dürfen, was solls. Na Doreen, wie wärs??
Heute haben wir fleißig Plüschtiere verteilt nach jeder Behandlung. Da die Tüte bei
mir stand, war ich natürlich der Zahnarzt, zu dem alle am liebsten wollten.
Donnerstag, 20.12.12
Nun sitze ich hier in der French School, wo ich nachmittags arbeite (wollte), und
schreibe Tagebuch, woran man ersieht, dass ich offensichtlich gerade schwer
gestresst bin. Deshalb auch die Umlaute, da hiesige Tastaturen kein ÄÖÜ kennen.
Es wird auch mein letzter Nachmittag hier sein, weil ich will ja dem
kambodschanischen Kollegen nicht die Arbeit wegnehmen und fuer 2 Zahnaerzte
Kinder herzubestellen, dass bekommen sie hier nicht auf die Reihe.
Dafuer war der Vormittag ganz gut. Erste Gruppe kam puenktlich und als die fast
alle war, kam die Chefin zu mir, um mir zu erlaeutern, dass sie jetzt noch eine Gruppe
bestellt, wir muessen nur ein bisschen warten. Pech fuer die anderen Kollegen, denn
ich hatte gerade mit einer Schwester ausgemacht, dass sie mit mir in die Stadt faehrt,
Bohrer kaufen. So mussten die beiden Damen bis halb 1 arbeiten.
Dafuer war ich schoen Dentalshoppen. Fuer die Dentisten unter Euch, eine
Zahnarzteinheit ist hier fuer ca. 4000 Dollar zu bekommen, eine Lupenbrille fuer
120 - 300 Dollar. da hab ich mal richtig Bohrer und Desinfektionszeug für die Klinik
eingekauft, ich hatte ja auch ein paar Spenden mit, die hab ich jetzt hier
mitverbraucht. Vielen Dank an Euch. Ich - der Held - bin natuerlich wieder Moto
gefahren. Hab ich mich jetzt schon dran gewoehnt. Nur das man vom Moped fahren
wunderbaren Glatzensonnenbrand bekommt, haette mir ja mal einer sagen koennen.
Mittag hab ich heute auch gegessen, irgendwas kambodschanisches an der Strasse.
Sie nannte es Beef, ich nenne es Knorpelstuecke auf Reis und heißem Wasser.
Ging aber. Dafuer hab ich jetzt ein Lieblingsgetraenk: Man nehme ein großes Glass
gecrashtes Eis, dazu ein Taesschen sehr starken Kaffee und eine Buechse Vollmich,
sehr lecker. Das das Eis nicht ganz den Tropenregeln: Koch es, schael es oder lass es, entspricht, Ja Gott, die Kaffees sind hier
auch alle nur laeulich, und auf Kaffee kann ich ja nun bei Gott (egal welchem) gar nicht verzichten. Wir werden sehen, was
der Magen sagt.
Das Eis: Es kommt in großen Blöcken auf Tuk Tuks, eingepackt in dünne Stoffsäcke.
Dann wird es mit rostigen Sägen in handliche Stücke zerlegt. Dann kommt es in alte
Crashermaschinen, natürlich auch rostig und staubig, weil am Straßenrand stehend
und wird dann von den Händen der Markt- oder Bistrofrau in Kühlkisten geschaufelt.
Von da findet es seinen Weg ins Glas oder in die Obsttüte. Noch Fragen??
Heute frueh sind wir in ein Tuk Tuk eingestiegen, mussten aber nach 100 m wieder
aussteigen, weil der Fahrer Stress mit einem anderen bekam, der frei war (im ersten
saßen schon 4 Einheimische). Entweder haben die geteilt, oder, was ich eher denke,
es gibt hier auch ein Ranking, wer die guten Gaeste (finanziell betrachtet) chauffieren
darf. Uns war es egal. Heut hab ich es nun auch geschafft, die ersten Khmerworte zu
lernen. Suesidai heißt Guten Tag li haui Tschues, nur falls es einen interessiert.
(ich kann natuerlich noch mehr, so an die 15 Worte!!!!!) Heut Vormittag hatte ich ein AIDS krankes Kind zum Zaehne ziehen
auf dem Stuhl. Das war ein Geschrei. Erst das Kind, dann 2 Schwestern. Vor Schreck vergaß das Kind kurze Zeit, weiter zu
schreien. Lange genug, um die 2 Zaehne rauszuschnipsen. Aber das war die Ausnahme. Sonst sind die Kinder immer ganz
tapfer und lieb.
Freitag , 21.12.12
Leute, heut war ein interessanter Tag. Nicht das die anderen Tage
nicht schön gewesen wären, aber heute der Tag war perfekt. Ich sitze
jetzt, gegen 22 Uhr auf der Terrasse meines Bungalows, höre die
Grillen zirpsen, schaue in drei Richtungen auf Bananenstauden,
Palmen, rotblühende, was weiß ich wie heißende Tropenpflanzen,
bin in Badehose und T-Shirt gekleidet, es ist wunderbar warm, ohne
zu warm zu sein, irgendwelche Vögelchen zwitschern immer wieder
mal irgenwo… es ist einfach paradiesisch. Gerade war ich noch mit
Annett im Pool schwimmen. In der Anlage sind wir bis auf den
Wachschutz, den man dank seiner Hautfarbe kaum sieht, allein.
Der hat uns aber gesehen und noch mal für uns allein die Poolbeleuchtung angemacht, damit die Palmen, die den Pool
umgeben, das Baden im Pool noch stimmungsvoller machen. Es gibt Momente im Leben, da möchte man die Zeit einfach
anhalten und das ist so einer. Wenn jetzt noch die Kinder samt Freunden und natürlich Enkel hier wären, dürfte der
versprochene Weltuntergang in Form eines Zeitstillstands gern kommen.
Wieso war es so ein doller Tag?
Begonnen hat er wie jeder Tag (wie bei Euch ja bestimmt auch oder
ähnlich). 6.45 klingelte der Wecker heut mal nur für mich allein.
Schnell ab zum Pool, eine Runde schwimmen bei, weiß nicht vielleicht
25 Grad Wassertemperatur), dann Cappuccino fertig machen und los,
ein Tuk Tuk anhalten. Heute hab ich eins vom Dorf erwischt. Das fuhr
mich zwar bis an die Stadt, heißt zur Brücke über den Bassac, aber
rüber wollte er nicht. Also stieg ich auf ein Moto um. (Wenn das so
weitergeht, werd ich mir wohl in Deutschland am Ende noch ein
Motorrad kaufen müssen). Dann ging es in der Klinik heut mal richtig
los. Da die australische Kollegin tauchen am Meer ist, waren wir heut
nur 2 Behandler. Damit meine ich mich und die kambodschanische Kollegin. Da sie irgendwann eine sehr lange dauernde,
schwierige Extraktion hatte, ( die sie aber wirklich gut gemeistert hat - sie hat da eine Ruine ausgegraben, an der würde
mancher Kollege sicher verzweifeln.) Ich war 2x kucken, aber es gab nix zu helfen. Also hab ich versucht, den
Behandlungsablauf ein bisschen aufzupeppen. Schließlich hatte ich ja die letzten Tage gedrängelt, man möge uns genügend
Patienten bereitstellen und heute waren ca. 30 Kinder da. Also hab ich den freien Behandlungsstuhl der Australierin, (hier
gehört immer eine Schwester zu einem Stuhl), mit in Beschlag genommen. „Meine“ Schwester Any hatte damit kein Problem,
die andere Schwester erst schon ein bisschen, na ja, sie dachte wohl, ist die andere Ärztin nicht da, wird es ein ruhiger Tag.
An zwei Stühlen arbeiten war wie zu Hause, da ging es richtig zur Sache. So nach 20 Füllungen und 15 Extraktionen weiß man
wenigstens, wofür man hergekommen ist.
Mittag holte mich meine Frau ab und dann war heute Sightseeing Phnom Penh angesagt. Damit möchte ich euch nicht zu sehr
langweilen. Vielleicht nur so viel, ich bin froh, dass wir heute fast alles gesehen haben. Da haben wir uns nicht das
Wochenende versaut. Die Stadt gibt auch in den Reiseführern nicht viel her. Also haben wir uns jede Randnotiz auch
angesehen. Die Highlights:
• der Königspalast – Da König Shihanouk es vorzog, im Oktober (so ungefähr) zu sterben, ist ein ¼ Jahr der Königspalast
gesperrt, Pech.
die Silberpagode: Ein Tempel, wie alle anderen auch, aber !! mit
tausenden Silberfliesen. Ja Gott, nur waren diese zu 98 % von Teppich
bedeckt und die paar Fliesen, die ich gefunden habe, waren mit
Büroklebeband an ihren vielen Bruchstellen zusammengeklebt.
• der Bahnhof: Ein riesiges Bahnhofsgebäude, durchs Gitter Gleise in
super guten Gleisbetten zu sehen – kein Wunder, da in Kambodscha
seit Jahren kein Zugverkehr mehr existiert – dabei haben die
Franzosen sich einst so eine Mühe gegeben.
• Das Postamt und die Nationalbibliothek: Wir waren da. Besonders
Letztere - muffige, halbverrottete Gebäude. Sollte man unbedingt
gesehen haben, damit man nicht noch mal auf die Idee kommt, sie
besichtigen zu wollen.
Dazu solltet ihr noch wissen, dass die ganze Stadt aus hunderten
frühkolonialen Gebäuden besteht (plus natürlich dem, was dann
später dazwischengeschustert wurde), die mit Sicherheit alle mal
wunderschön waren. Mehrgeschossige Gebäude mit großen
Terrassen, Dachterrassen, im EG – früher mal bestimmt Kaffees,
Bars…, Stuckverzierungen überall, herrliche Geländer, verschnörkelte
Balkonbrüstungen. Die ganze Stadt ist voll davon.
Nur leider wurde 80 Jahre nichts mehr dran gemacht, außer massive
Gitter bis ins 5. Geschoss an jede Terrasse anzubauen (scheinbar
können die Kriminellen hier gut klettern), Stromkabel zu ziehen, das
die Italiener an der südlichen Adria vor Neid erblassen würden und
Müll in jede Ecke zu schmeißen. Manchmal haben alte Städte auch
Flair, wenn sie nicht durchrestauriert sind oder gerade deswegen,
aber hier ist Flair das falsche Wort.
Das soll keine Kritik sein. Wenn man die Geschichte der Khmer kennt
und weiß, das noch heute tausende Familien in Häusern leben, die
ihnen nicht gehören, weil sie nach dem Ende der roten Khmer einfach
besiedelt haben, was leer stand, wird das alles durchaus verständlich,
aber es macht es nicht schöner. Die roten Khmer haben nach der
Machtübernahme innerhalb von wenigen Wochen sämtliche Städte
komplett geräumt, heißt, die Leute mussten raus aufs Land
(Mao Tse Tung Kommunismus in Reinkultur). 3 Jahre waren alle Städte im Land Geisterstädte.
Dann haben die roten Khmer ja alles ausgerottet, was mehr als 6 Klassen hatte oder
gar eine Hochschulbildung oder wer Fremdsprachen beherrschte oder eine Brille
trug. Wer es nicht glaubt – kann man nachlesen. 2-3 Millionen sollen es gewesen sein.
Streitet man sich heut drüber, hat halt keiner so genau Buch geführt. (nur zum
Vergleich –heute soll Kambodscha ca. 14,5 Mio Einwohner haben – ist übrigens halb
so groß wie Deutschland) Na jedenfalls müssen es schon schwierige Verhältnisse
gewesen sein, als das Pol Pot Trauma vorbei war und daran knappern die heute
immer noch.
• das Nationalmuseum, so ne Art Pergamonmuseum in Mini, ein Haufen kleine
Buddhas und Tempelartefakte aus Angkor Wat, halt was die Franzosen nicht rausgeschleppt haben oder was später geklaut
und bei Christie`s versteigert wurde, schon ganz hübsch, aber in einer Stunde waren wir da rum.
Viel interessanter war die Straßenatmosphäre. Wir sind da 5 Stunden
rumgelaufen. Ein Gewimmel: Händler, TukTuks, Motos, Kneipen,
Massage- und Schönheitsstudios aber auch Banken, edle Gasthäuser,
Hotels, Hochhäuser – die meisten im Bau, kleine Pagoden- und
Tempelanlagen, so mal zwischendrin, die besagten Villen,
Betonbauten, Blechhütten -- ein wildes Durcheinander. Schon
sehenswert.
Am Ende und mit Sonnenuntergang haben wir uns in einer Kneipe
am Flußboulevard festgesetzt und 2 Stunden Leute beobachtet. Viele
Ausländer – hier in diesem Teil der Stadt, viele kleine Kinder, die
irgendwelche Waren an Touris verkaufen wollten, einige Bettler und
natürlich eine Rushhour, wie ich sie noch nirgends erlebt habe.
Das war schon insgesamt ein Erlebnis.
Und zum Schluß eine Tuk Tuk Fahrt durch das nächtliche Phnom
Penh zu unserem Hotelchen.